EU nimmt Temu genauer unter die Lupe – was macht die Schweiz?

Der Online-Marktplatz Temu steht unter strenger Beobachtung der Europäischen Union. Der Grund: Verstösse gegen Konsumentenschutzvorschriften, die Transparenz und faire Praktiken gewährleisten sollen. Die EU hat Mängel festgestellt und ein Verfahren eingeleitet, um Temu zur Einhaltung der Regeln zu zwingen.

Ein zentraler Kritikpunkt betrifft die Preisstrategien von Temu: Die Plattform wirbt häufig mit verlockenden Rabatten, die jedoch oft keinen realen Preisnachlass bieten. Auf diese Weise wird bei den Käuferinnen und Käufern der Eindruck eines Sparangebots erweckt, ohne dass sie tatsächlich einen Vorteil erhalten. Dazu kommt, dass wichtige Kontaktdaten für Kundinnen und Kunden schwer auffindbar sind, was die Kontaktaufnahme bei Problemen erschwert. Wie die Handelszeitung berichtet, verstösst Temu damit gegen EU-Richtlinien im Bereich Konsumentenschutz.

Verkaufsdruck durch Gamification – ein Trick mit System

Auch die Verkaufsstrategien von Temu stossen bei der EU auf Kritik. Die Reklamationszentrale Schweiz wies bereits in einem Bericht darauf hin, dass Temu gezielt psychologische Tricks einsetzt, um Nutzerinnen und Nutzer zum Kauf zu verleiten. Die Plattform setzt etwa auf „Gamification“: Kunden werden dazu animiert, ein Glücksrad zu drehen, um vermeintlich exklusive Angebote „zu gewinnen“. Diese Mechanik erzeugt eine künstliche Dringlichkeit, die den Kaufdruck erhöht und wenig transparent ist. Laut der Reklamationszentrale nutzt Temu diese Gamification, um Konsumentinnen und Konsumenten subtil in Richtung Kauf zu drängen – eine Taktik, die den Prinzipien des Konsumentenschutzes widerspricht und zunehmend kritisch betrachtet wird.

Und wie steht es um die Schweiz?

Da die Schweiz nicht zur EU gehört, gelten hierzulande weit weniger strenge Konsumentenschutzvorschriften. Ein eigenes «Konsumentenschutzgesetz» gibt es hierzulande nicht. Daher sind die von der EU angestrebten Änderungen in der Schweiz vorerst nicht bindend. Dennoch steht Temu auch in der Schweiz zunehmend in der Kritik. Insbesondere wegen des Konsumentenschutzes, aber auch aus steuerrechtlichen Aspekten: Unter anderem nutzt das Unternehmen eine Versandstrategie, bei der viele Pakete mit geringem Warenwert verschickt werden.

Da bei solchen Kleinsendungen keine Mehrwertsteuer erhoben wird, zahlt Temu hier deutlich weniger Steuern als die einheimische Konkurrenz. Dieser Vorteil sorgt ebenfalls für Unmut und wirft die Frage auf, ob eine stärkere Regulierung nötig wäre, wie watson.ch berichtet.

Drei mögliche Szenarien für Temus Zukunft in der Schweiz

Durch das Handeln der EU könnten sich drei mögliche Szenarien für die Schweiz ergeben, wie sich die Situation für Temu auf dem Schweizer Markt weiterentwickeln könnte:

  1. Weiter wie bisher: Da die Konsumentenschutzgesetze in der Schweiz weit weniger strikt sind, könnte Temu vorerst seine bisherigen Verkaufsstrategien beibehalten und von der schwächeren Regulierung profitieren, einschliesslich der Einsparungen bei der Mehrwertsteuer.

  2. Anpassung an EU-Standards: Falls die Beschwerden in der Schweiz zunehmen, könnten die hiesigen Behörden verstärkt auf die EU-Vorgaben achten. Die Schweiz könnte dann ähnliche Massnahmen in Betracht ziehen, um den Konsumentenschutz zu stärken.
     

  3. Selbstregulierung durch internationalen Druck: Sollte Temu aufgrund des Drucks in der EU Änderungen vornehmen, könnte das Unternehmen ähnliche Anpassungen auch in der Schweiz und anderen Märkten umsetzen, um einen einheitlichen Unternehmensstandard zu wahren. In Zeiten, in denen Konsumentenschutz und Transparenz weltweit wichtiger werden, könnte ein solcher Schritt Temu auch international zugutekommen.

Fazit

Für die Schweiz bedeutet das, dass Temu hierzulande vorerst möglicherweise ohne grössere Einschränkungen weiterarbeiten kann. Doch der internationale Druck sowie die Chance, dass die Schweiz ihre Vorschriften künftig an die EU angleicht, könnten Temu dazu veranlassen, auch hierzulande seine Geschäftspraktiken zu überdenken. Für Konsumentinnen und Konsumenten lohnt es sich, die Entwicklungen im Auge zu behalten und sich über ihre Rechte zu informieren. Die Reklamationszentrale Schweiz wird hier wie gewohnt zeitnah und aktuell berichten. 

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